Leben und Werk Gustav Grossmanns

Walter Michel
Referat Gäste GMT  13.3.1999

Gustav Großmann wurde am 2.1.1893 in einem kleinen masurischen Dorf in Ostpreußen geboren. Er war aus meiner subjektiven Sicht ein typischer Steinbock, wie übrigens auch Konrad Adenauer war. Das charakteristischste Merkmal der Steinböcke ist ihre Freude am Widerstand, an Schwierigkeiten, an der zähen Überwindung von Hindernissen. Dort, wo andere längst klein beigeben, fängt der Steinbock erst an. Wir werden diese Charaktereigenschaft in seinem ganzen Leben wieder erkennen. Nicht umsonst war sein Kosename ,, Der eiserne Gustav .

Seine Eltern waren Großbauern. Gustav war der Älteste von zusammen 6 Geschwistern, von denen mir aber nichts bekennt ist. Schon in früher Jugend erwachte der Wunsch in ihm, Lehrer zu werden. Es ist für jeden Menschen ein Glücksfall, wenn er so frühzeitig intuitiv seinen Lebensauftrag erkennt.

Seine Eltern waren für die damaligen Verhältnisse in einer bäuerlichen Familie sehr weitsichtig und ermöglichten ihm eine höhere Schulbildung. Normal wäre gewesen, dass er als ältester Sohn den Hof übernimmt.

In Gustav Großmanns Leben war kaum etwas, normal“.

Nach dem Erreichen der Mittleren Reife trat er in eine Lehrerbildungsanstalt ein und absolvierte das Lehrerexamen. Er wollte Volksschullehrer werden, doch das große Schicksal wollte es zunächst anders 1914 zog der erste Weltkrieg am Horizont auf. Gustav Großmann meldete sich als Einjähriger zum Militärdienst und begann eine Offizierslaufbahn. Er nahm als Leutnant an der Ostfront teil und wurde in der Schlacht bei Tannenberg 2 mal schwer verwundet. Er erlitt einen Kopfschuss und einen Schuss in den Oberschenkel,. Sein rechtes Bein musste versteift werden. Im Krankenhaus zog er die entscheidende Lehre aus diesem Schicksal:

Er erkannte, dass es nur ein Übel auf dieser Welt gibt, das die Wurzel aller anderen Übel ist:

Das unzureichende Können.

An der Front musste er erleben, wie ehrgeizige und unfähige Vorgesetzte Soldaten verheizt haben. Aber, wie ein echter Steinbock das so macht, er haderte nicht mit seinem Schicksal. ,,Mach’ aus deiner Behinderung das Beste, werde besser als viele Gesunde !“

Aus diesem Entschluss erwuchs eine der großen Weisheiten der Großmann-Methode:

,,Unsere Übel sind unsere größten Förderer!“

Sie haben den Sinn, überkompensiert und in Vorzüge verwandelt zu werden, so wie der körperliche Schmerz den Sinn hat, unsere Gesundheit wiederherzustellen.

Noch im Krankenhaus holte er das Abitur nach. Er besorgte sich als Externer den Lehrstoff von 3 Jahren und schaffte ihn nach einer selbst entwickelten Lernmethode in weniger als 1 Jahr. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus studierte er an den Universitäten von Berlin, Freiburg und Königsberg die Fächer Volkswirtschaft, Statistik, Philosophie und Psychologe.

Er wurde Diplom-Psychologe und promovierte 1920 zum Doktor phil. Seine Doktorarbeit schrieb er zum Thema: „ Das Wesen der Bedürfnisbefriedigung“. Sie war der Grundstein für die später entstandene Großmann-Methode.

1923 heiratete er seine Frau Frieda, ebenfalls eine Ostpreußin. Das Ehepaar bekam 3 Kinder,  2 Söhne und 1 Tochter.

1973, am 29.5.1973 verstarb Gustav Großmann kurz nach Vollendung seines 80. Lebensjahres, den er im Kreise seiner ordentlichen Meister feierte. Ich hatte das Glück, dabei gewesen zu sein. Irgendwie lag leise Wehmut über diesem Treffen. Er ahnte wohl sein bevorstehendes Ende. Später, als er zum 2. Mal in seinem Leben in einem Krankenhaus war, sagte er seinen Todestag exakt voraus.

Soviel zum persönlichen Lebenslauf. Jetzt zum beruflichen Werdegang:

Nach dem Studium arbeitete er als Assistent bei 2 Berliner Psychologen. Danach war er Geschäftsführer beim ostpreußischen Bauernverband und anderen landwirtschaftlichen Verbänden. Er war Organisator und Leiter der 1. deutschen Ostmesse in Königsberg.

1924 erfüllte er sich den Lehrertraum an einer deutschen Handelsschule in Litauen.

Danach arbeitete er in einem Verlag in Allenstein als Werbeleiter. Im Anschluss daran verzog er mit der Familie nach München und wurde dort Mitarbeiter in einem Großverlag. In dieser Münchner Zeit schrieb er sein 1. Buch: „Sich selbst rationalisieren“, das ein Best- und Longseller wurde. Ich selbst besitze mehrere Auflagen, als wohl letzte die 25.ste. Der Erfolg dieses Buches und das Erkennen einer Marktlücke bewog ihn, sich 1927 als Erfinder und Vertreiber der Großmann-Methode beruflich selbständig zu machen.

Im Gegensatz zu späteren Nachfolgern gründete er für seine Schüler Trainingsgruppen, die er Gilden nannte und deren Aufbau in den Grundzügen einer Freimaurerloge ähnelte. Gustav Großmann war Mitglied einer solchen Loge im ostpreußischen Oranienburg.

Bis zur Auflösung durch die Nazis hatte der alte Großmannbund vor dem 2.Weltkrieg bereits 30000 Mitglieder.

1967 gründete er die Bundesgilde der ordentlichen Meister, abgekürzt  „GidoM“,  deren Förderungsmeister ich eine Zeitlang war. Herr Helfrecht war für einige Zeit der Vorsitzende des Ehrenrates aller Großmann-Methodiker, der gegenüber dem Urheber die Funktionen eines Aufsichtsrates und Betriebsrates hatte. Der Ehrenratsvorsitzende sollte laut Statut die Gewähr für eine gedeihliche Weiterentwicklung der Gilden bieten. Soweit ich weiß, gibt es im Helfrechtinstitut keine Gilden. Nach dem Tode von Gustav Großmann verkaufte die Familie die Urheberrechte an Herrn Helfrecht. Die Gilden lösten sich auf oder wurden unter neuer Leitung selbständige Organe.

Soviel zur Geschichte der Großmann-Institution.

Jetzt ein paar Streiflichter auf die Methode:

Der so genannte elementare Teil der GM besteht aus vier Stufen, die durch Anleitungsbücher und Schriften gegen eine Lizenzgebühr direkt vom Urheber bzw. seinem Büro gelehrt wurden. Diese Anleitungen wurden als Manuskripte für den persönlichen Gebrauch des Lizenznehmers übergeben. Wir können sie Ihnen also nicht im Originaltext als Eigentum übergeben. Was wir aber können, das ist die gemeinsame Verwertung des bereits genannten Grundsatzwerkes und natürlich auch das Weitergeben der eigenen Erfahrungen beim Ausbauen und Modifizieren der Methode.

Zur Stufe 1: Die  Zeitplanung

Bei allen 4 Elementarstufen gibt es jeweils einen handwerklichen Teil und einen philosophischen Überbau. Zeitplanungssysteme gibt es inzwischen mehr als reichlich. Prof. Nagel ermittelte 200 Erfolgsmethoden mit jeweiliger Zeitplanung. Gustav Großmann war der Erste, der mit einem Zeitplanbuch auf den Markt kam. Er nannte es aber nicht so, sondern kreierte den schönen Namen „Glückstagebuch“ . Vordergründig geht es bei der Stufe 1 um eine verbesserte Zeiteinteilung und Zeitverbrauchs-rationalisierung. Hintergründig aber um den sinnvollen Umgang mit der Zeit, Glückstage in unserem Leben zu entwerfen und zu gestalten, das war sein eigentliches Anliegen. Er lehrte uns, den Tagen eine Ausrichtung zu geben, als Überschrift über den Tagesplan ein Tagesmotto, eine Devise zu setzen, die dann tagsüber zu leben war. Er traf die gewichtige Unterscheidung von Erwägungen und Vorsätzen. Über jeden Tagesplan steht nach der Überschrift „Ich werde dieses und jenes tun“ ,ein vollständiger Satz. So formuliert ist es ein Vorsatz. Ich habe mich zur Durchführung entschlossen und werde das heute tun. Hier wird die Zeitplanung zur Erzielung von Selbstgehorsam und Selbstwertgefühl. Ich kann mich auf mich verlassen. Kann ich noch keinen Vorsatz formulieren, weil die Sache noch unklar ist, so formuliere ich Ich werde x und y prüfen“. Aber dieses Prüfen muss ich dann auch tun.

Zur Stufe II: Das Wieplanen

Es ist eine schriftliche Art des Denkens und Planens, in einer logischen Abfolge. Der Geniestreich war, eine Zielvorgabe, von der man nicht weiß, wie sie zu erreichen ist, in durchführbare Teilaufgaben zu zerlegen und sie über die Zeitplanung umzusetzen. Dabei unterschied er in Mittel, die ich dazu brauche und in Maßnahmen und Handlungen, die notwendig sind, das Ziel zu erreichen.

Mittel antworten auf die Frage: „Was brauche ich zur Zielerreichung?“  Maßnahmen auf die Frage: „Was muss ich tun?“ Am Schluss jedes Wieplans ist die Aufgabe zu lösen, welche drei ersten Schritte zur Verwirklichung des Planes die aussichtsreichsten sind?  Der handwerkliche Teil der Stufe II umfasst die Wiepläne für die Tagesarbeit, besser die Alltagsarbeit.

Der philosophisch-esoterische Überbau das Verfeinern unseres Lebensstils, das Verstärken der Persönlichkeitswirkung, die Sinnsuche und -verwirklichung in meinem Leben erfolgt in der Stufe V der GM, in der 1. Oberstufe. Damit beschäftigen wir uns hier in der Gilde an erster Stelle.

Zur Stufe III : Besitana und Stufe IV:  Persitana

Hier geht es um eine permanente Analyse und Auswertung aller meiner beruflichen und persönlichen Faktoren, die mein Leben bestimmen und die ich selbst bestimmend gestalten möchte.

Großmann verglich das gern mit einem Schachspiel. Auf einem Schachbrett

 haben wir es mit 64 Figuren zu tun, die auf einer begrenzten Zahl von Feldern agieren müssen. Aber nur wenige Spieler vermögen es simultan, also gleichzeitig, an mehreren Brettern zu spielen, obwohl sie die Figuren übersichtlich vor sich sehen. Aber jeder Hansel glaubt, die viel größere Zahl von Faktoren, die sein Leben beeinflussen, überblicken zu können und wie beim Schachspiel jeweils den aussichtsreichsten Zug auf dem Schachbrett des Lebens tun zu können.

Es geht also auf den Stufen III + IV darum, alle beruflichen und privaten  Faktoren zu sammeln, zu ordnen, sie zu bewerten und das Ganze auf dem Laufenden zu halten. Die Ergebnisse der Zeitplanung und Wieplanung – Stufen I und II – landen in diesen permanenten Analysen und aktualisieren sie so. Umgekehrt entstehen aus dem Beschäftigen mit diesen Analysen neue Aufgaben für die Zeit- und Erfolgsplanung.

Zur Oberstufe V

Dafür gibt es kein Anleitungsbuch, nur eine Sammlung von Wieplanaufgaben mit einleitenden Hinweisen. Gustav Großmann war ein Feind des Vorsagens, das er Erlebnistod nannte. Wir sind da anderer Meinung. Eine gewisse Anleitung und Hilfestellung hilft Umwege oder gar Irrwege zu vermeiden.

Bei der Stufe V geht es also im Wesentlichen um das sich Aneignen und Trainieren der für jeden Menschen unverzichtbaren, existentiellen Eigenschaften und Fähigkeiten, sowie um das Verwerten der individuellen Begabung und Veranlagung. Die Gestaltung der Periodenpläne (eine Lebens-Periode = 7 Jahre) und des Lebensplanes sind hier vorgesehen.

In der Oberstufe VI, das ist die GM-Esoterik gibt es überhaupt nichts Schriftliches an Vorgaben. Großmann lehrte sie mit denjenigen Meistern, die er für förderungswürdig hielt, im vertraulichen Zweiergespräch. Wir machen das im Rahmen unserer Beratungen im Anschluss an gehaltene Referate, auf unseren Wanderungen im persönlichen Gespräch, oder bei anderen privaten Treffen.