Es gibt Menschen, denen das meiste, was sie in Angriff nehmen, gelingt. Kein Wunder, dass sie oft beneidet werden! Häufig sind sie nicht einmal die Allerklügsten, auf alle Fälle sind sie aber die Diszipliniertesten. Sie verfügen über eine Qualität, die in unserem Leben ziemlich entscheidend ist: Sie können sich konzentrieren.
Manchen Menschen wird eine solche Fähigkeit bereits in die Wiege gelegt, doch das sind Ausnahmefälle. Den meisten von uns wird auferlegt, Konzentration zu lernen, und wir können sagen: Je früher, desto besser!
Sich-Konzentrieren muss auf alle Fälle geübt werden, zumal heutzutage, wo beinahe ununterbrochen eine Fülle von Reizen und Eindrücken, bald optisch, bald akustisch, auf den Menschen einstürmt. Kein Wunder, dass Zerstreutsein bei Klein wie Groß ein weit verbreitetes Handicap ist, das manches Vorhaben schlecht gelingen oder sogar scheitern lässt.
Will man einem Menschen den Vorgang hochgradiger Konzentration erklären, dann bieten sich eindrückliche Beispiele an: Brennglas und Schneidbrenner. Durch das Brennglas wird die Wärme der Sonnenstrahlen so stark auf einen bestimmten Punkt konzentriert, dass dort Feuer entsteht. Beim Schneidbrenner vollzieht sich Ähnliches: Im Nu schmilzt an der Stelle, auf die der Strom der Hitze gerichtet ist, auch das härteste Metall. Das sind optimale Ergebnisse. Die hohe Effektivität des Vorgangs ist deutlich.
Ein vergleichbarer Vorgang wäre für uns das strikte Zusammenfassen unserer geistigen Kraft und unserer Gedanken auf das gewählte Ziel, die gestellte Aufgabe. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen einer solchen Bemühung ist der konsequente Verzicht auf die Beschäftigung mit allem anderen, was uns ablenken könnte. Auch hier kann ein Bild klarmachen, was sich dabei abspielt: Beobachten wir einen Schützen, der die 12 auf der Zielscheibe treffen will, dann hat er nur für diesen einen Punkt Augen und Sinn. Kenner der fernöstlichen Kulturen berichten uns über die Übungen der Bogenschützen. Die Zen-Meister lassen sie lange Zeit, oft monatelang, nur den Bogen spannen und mit dem Pfeil zielen, ohne dass sie schießen dürfen. Die perfekte Kunst des Zielenlernens, der Konzentration auf das, worauf es eben ankommt, ist die Hauptaufgabe. Diese Kunst der Konzentration geht dem potentiellen Schützen in Fleisch und Blut über. Er wird Meister, und wenn er endlich schießen darf, trifft er genau ins Schwarze.
Konzentration verlangt einen starken Willen. Auch er muss geübt und gelernt werden. Der Alltag ist dafür ein ideales Trainingsfeld: Vom Morgen bis zum Abend reiht sich, wenn wir gutwillig und zielbewusst sind, eine Gelegenheit an die andere.
Es gehört aber noch ein Übriges zur Fähigkeit der Konzentration: Man muss erstens auf alles außer dem beschlossenen Ziel verzichten, und man muss zweitens grundsätzlich Prioritäten für das setzen, was man alles vollbringen will. Wer gern zwei Hasen auf einmal jagt – der geniale Taktiker von Bismarck hat dieses Beispiel gern zitiert – wird nicht einen von beiden erlegen! Unser Prinzip muss also zum Beispiel sein: Wenn ich lese, dann lese ich. Wenn ich rechne, dann rechne ich. Wenn ich spiele, dann spiele ich. Wenn ich esse, dann esse ich und betreibe nicht gleichzeitig noch etwas anderes nebenbei! Habe ich mir das geschworen, dann lege ich mir quasi „Scheuklappen“ an, die mir Blicke seitwärts verwehren. Das ist keine Sturheit, sondern eine sinnvolle, konsequente Verhaltensweise, die sich jeder von uns zu Eigen machen sollte, wenn er Erfolg haben will.